SPD-Fraktion lehnt Haushalt 2021 ab

Am 11. Februar 2021 wurde der Haushalt der Gemeinde Kriftel für 2021 verabschiedet. Die SPD-Fraktion in der Gemeindevertretung lehnte den Haushalt ab. Lesen Sie in der Haushaltsrede, warum:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

auch in diesem Jahr bedanke ich mich zunächst im Namen der SPD-Fraktion bei den Damen und Herren der Verwaltung und bei allen in Kriftel ehrenamtlich zum Wohl der Gemeinde Tätigen für die erbrachten Leistungen im zurückliegenden besonders schwierigen Jahr 2020, natürlich auch für die Erstellung des uns vorliegenden Haushaltsplanes für 2021.

In seiner Haushaltsrede erklärt uns der Bürgermeister, dass beim Haushalt 2021 nicht von Normalität gesprochen werden kann. Zugleich berichtet er, dass Kriftel insgesamt noch recht gut dasteht. Wir sehen das auch so, sind aber der Auffassung, dass sich das tatsächliche Ausmaß der finanziellen Probleme erst Ende des Jahres für den Haushalt 2022 zeigen wird. In diesem Jahr profitieren wir noch von der guten Finanzlage der vergangenen Jahre, sowie von Geldern, die 2020 nicht abgerufen werden konnten und damit für 2021 zur Verfügung stehen. Wir halten es daher für richtig, wenn sparsam gewirtschaftet wird.

Neben dem bekannten Thema Kindergarten geht es bei den Investitionen um wichtige Fragen der Versorgung der Bürgerschaft, wie das Bohren eines neuen Brunnens und die Erneuerung von Wasserleitungen. Neu ist das Thema Sicherheit von Fahrradabstellplätzen, neudeutsch „Bike and Ride“ genannt. Wir begrüßen es, dass sich der Gemeindevorstand Gedanken um die Sicherheit der abgestellten Fahrräder macht.

Wir halten es auch für richtig, dass die Unterstützung der zahlreichen Krifteler Vereine nicht gekürzt wurde. Denn die Folgen der Pandemie belasten auch die Vereine finanziell stark. Wie schon oft erklärt, tragen die Vereine wesentlich zum guten Miteinander in der Gemeinde bei. Die ehrenamtlichen Leistungen, die von etlichen Vereinen erbracht werden, entlasten zudem die Gemeindekasse auf der anderen Seite nicht unerheblich.

Die Streichungen im Bereich der Sach- und Dienstleistungen, die der Bürgermeister anspricht, machen sich gut für den Gesamthaushalt, in großen Teilen handelt es sich aber um Maßnahmen, die nur aufgeschoben und nicht aufgehoben sind, wie zum Beispiel Gelder für die bauliche Unterhaltung oder die externe Vergabe der Grünflächenpflege. Diese Arbeiten müssen eines Tages gemacht und auch bezahlt werden.

Der Bürgermeister rühmt sich, dass die Hebesätze nicht angehoben wurden. Kein Wunder, wenn man vor 2 Jahren die Grundsteuer B gleich um 100 Punkte angehoben hat. Da kann man sich im Wahljahr zurückhalten.

Als weitere Geldquelle für die Gemeinde wird einmal mehr der Verkauf von Grundstücken genannt. Dieses Jahr kommt das Grundstück Kirchstraße 10 zum Aufruf. Das letzte Mal scheiterte der Verkauf dieses Grundstückes daran, dass die Interessenten mit der von der Gemeinde vorgelegten Planung (Teilung des Grundstücks) nicht einverstanden waren. Es wird langsam Zeit, sich grundlegende Gedanken zu machen und eine eindeutigere und realistische Planung für den Verkauf vorzulegen. Dann klappt es vielleicht mit dem Verkauf.

Der Verkauf des Grundstückes am Platz von Airaines ist offenbar erst für 2022 vorgesehen. Dieser lange Vorlauf sollte dafür genutzt werden, sich im Vorfeld endlich einmal gründlich zu überlegen, wie das Grundstück tatsächlich bebaut werden soll und diese Planung auch dem Parlament vorzulegen. Danach kann dann die Ausschreibung entsprechend gestaltet werden. Keinesfalls darf – wie bisher allzu oft geschehen – das Grundstück ohne Vorgaben an den Meistbietenden verkauft werde.

Dass der Haushalt auf Kante genäht ist, damit sind wir durchaus einverstanden in diesen schwierigen Zeiten. Womit wir nicht einverstanden sind, ist, dass nach wie vor mit „besonders ruhiger Hand“ regiert wird. Seit Jahren mahnen wir an, dass sich im Bereich des Wohnungsbaus mehr bewegen muss. Dennoch kommt das Thema kaum voran. Einzig das Privat-Projekt am ROWG-Gelände, das im Ergebnis hochpreisige Eigentumswohnungen erbringen wird, läuft planmäßig und zügig.

Kürzlich war in der Presse zu lesen, dass das schon länger angekündigte Bauprojekt in der Raiffeisenstraße dieses Jahr endlich in Angriff genommen werden soll. 44 „bezahlbare“ Wohnungen sollen dort nach Aussage des Bürgermeisters entstehen. Was dieses bezahlbar konkret heißt, hat man uns bisher nicht mitgeteilt. Wir fordern jedenfalls, dass hier Menschen einziehen, die ihre Miete mit dem Gehalt beispielsweise einer Erzieherin oder Krankenschwester bestreiten können. Mit dem Bau beauftragt ist die Gewobau. Die genaue Ausbauplanung sowie die Gesamtkosten dieses Projektes stehen jedoch noch nicht fest, ebenso wenig die Höhe der Landeszuschüsse und die Finanzierung ist noch nicht abschließend geklärt. Tatsächlich ist zu bedenken, ob nicht eine Bürgschaft der Gemeinde für die dortige Bebauung in der erforderlichen Millionenhöhe die Aufsichtsbehörde zur Einschränkungen des Haushalts veranlassen könnte. Klar ist jedenfalls, dass die Baupreise derzeit immer stärker steigen.  Das wird sich auch auf die Mietpreise durchschlagen.

Für die eigentlich hier ebenfalls geplante Unterkunft des Roten Kreuzes jedenfalls waren die Preise schon vor zwei Jahren zu hoch. Jetzt wird schon seit 2015 nach einer passenden und bezahlbaren Unterkunft für diesen wichtigen Dienst gesucht. Der Bürgermeister hatte es in der letzten Sitzung angesprochen, aber viel Aussicht auf einen baldigen Erfolg scheint derzeit nicht zu bestehen.

Weiterhin schleppend geht es auch beim Baugebiet „Krifteler Wäldchen“ voran. Dabei wurde hier ursprünglich vom Gemeindevorstand von einem Baubeginn 2017 ausgegangen. Auch das Interessenbekundungsverfahren für den Teilabschnitt Riegelbebauung ist schon wieder 2 Jahre her. Noch immer sind nicht alle Grundstücke verkauft. Wir können nur hoffen, dass das Baugebiet Krifteler Wäldchen eines Tages realisiert wird und nicht die Gemeinde auf den bisherigen nicht unerheblichen Kosten für Planung sitzenbleibt, ohne dass mehr Wohnraum entstanden ist.

Bei künftigen größeren Baugebieten in Kriftel halten wir eine sozial ausgewogene Mischung von Bewohnern mit kleinen und mittleren Einkommen sowie Bewohnern, die sich frei finanzierte Wohnungen leisten können, für die richtige Lösung.  Am besten erreichen lässt sich das durch einen Drittelmix: Ein Drittel der Wohnungen soll dabei frei vermietbar werden, ein weiteres Drittel nach dem in Frankfurt so genannten zweiten Förderweg gefördert werden und das verbleibende Drittel als Sozialwohnungen bereit stehen. Aus diesem Grund hatten wir im vergangenen Jahr einen Antrag gestellt, eine Leitlinie zu beschließen, bei der Aufstellung von zukünftigen neuen Bebauungsplänen mindestens 30 % der Wohneinheiten im Geschosswohnungsbau als förderfähiger Wohnbau errichtet werden. Andere Kommunen – auch in Hessen – haben schon länger solche Leitlinien – sogar unter Beteiligung der CDU –   und haben gute Erfahrungen damit gemacht. Der Antrag wurde auch nicht abgelehnt, sondern in den Ausschuss überwiesen. Dort ruht er nun seit einem Jahr. Zugegeben, es war ein ungewöhnliches Jahr, in dem Hygienekonzepte dafür sorgten, dass nur die notwendigsten Termine stattfanden. Dennoch hätte ein Austausch über dieses wichtige Thema zumindest angestoßen werden müssen.

Ebenfalls nicht vorangekommen ist das Thema Ortsentwicklung. Viele Jahre haben wir darauf gedrängt, ein Ortsentwicklungskonzept unter Beteiligung der  Bürgerinnen und Bürger zu erstellen. Im letzten Jahr wurde endlich ein erster Aufschlag dafür gemacht. Zwar nicht mit einer Bürgerbeteiligung wie wir uns dies vorgestellt hatten, aber immerhin. Jetzt – ein Jahr später – hört und sieht man immer noch nichts davon, alles in der Versenkung verschwunden.

Das ganze Thema Ortsentwicklung steht und fällt natürlich mit der Frage Ausbau der B 519 neu. Immer wieder einmal liest man in der Zeitung, dass das Projekt nun endgültig gestorben  sein soll, aber von offizieller Seite hört man nichts. Die Frage, kommt das Straßenmonster oder nicht, die für die Zukunft Kriftels von eminenter Bedeutung ist, taucht auf der Tagesordnung der Gemeindevertretung nicht auf. Selbst wenn keine Sitzungen stattfinden, erhielten wir im vergangenen Jahr doch immerhin schriftlich die wichtigsten Informationen des Gemeindevorstands. Zur B 519 neu jedoch kein Wort.

Auf der langen Bank liegt bekanntlich auch das Thema Straßenbeiträge. Es soll erst wieder aufgerufen werden, wenn grundhafte Sanierungen von Ortsstraßen anstehen. Ein Blick in den Haushaltsplan zeigt: Es stehen erst mal keine an. So schiebt man unbequeme Entscheidungen weiter vor sich her.

Mit Erstaunen haben wir wahrgenommen, dass in diesem Jahr vier unserer sechs Anträge tatsächlich angenommen wurden. Wir hatten dieses Mal ausschließlich Prüfanträge gestellt, da wir in Corona-Zeiten die möglichen Kosten der beantragten Maßnahmen nicht aus dem Auge verlieren wollten. So wird denn auf unsere Anträge hin geprüft:

  • Welche Möglichkeiten es gibt, die Sicherheit der Fahrräder am Schwimmbad besser zu gewährleisten.
  • Ob die Gemeinde ergänzend zu ihrer Homepage einen E-Mail-Newsletter herausgeben kann.
  • Ob ein eigenes Logo für Krifteler Erzeugnisse entwickelt werden kann, um die Kundschaft auf diese regionalen Produkte besonders aufmerksam zu machen.
  • Ob und an welchen Standorten weitere Ladestationen für E-Mobile in Kriftel eingerichtet werden können und wie die Verweildauer an den Ladestationen geregelt werden kann.

 

Bei unserem Antrag Tempo 30 im gesamten Ort hörte der Spaß allerdings auf. Im Ausschuss wurde zunächst daran erinnert, dass uns doch ein sehr ähnlicher Antrag erst 2019 abgelehnt worden war. Sodann wurde uns versichert, mehr, als der Gemeindevorstand bei diesem Thema zur Zeit tue, gehe einfach nicht, da für Frankfurter- und Kapellenstraße nun einmal andere Behörden zuständig seien. Daher sei der Antrag abzulehnen. Genau so geschah es dann auch. Wir meinen: Es hätte dem Parlament gut angestanden, hier einmal den Gemeindevorstand zu mehr Initiative aufzufordern, anstatt sich damit zufrieden zu geben und sich damit quasi selbst zu entmündigen.

Für Diskussionen sorgte unser Antrag, über 80-jährigen Taxigutscheine für die Fahrt zum Corona-Impfzentrum auszustellen. Was zum Zeitpunkt unserer Antragstellung  der Öffentlichkeit (und damit auch uns) nicht bekannt war: die Gemeinde hatte bereits Freiwillige organisiert, die solche Fahrten übernehmen, wenn keine Angehörigen zur Verfügung stehen. Wir änderten daher den Antrag dahingehend ab, dass Taxis bezahlt werden sollten, wenn es keine andere Fahrtmöglichkeit gibt. Da der Bürgermeister versicherte, genau dies setze die Gemeinde um, wurde unser Antrag mehrheitlich für erledigt erklärt.

Insgesamt bietet dieser Haushalt Ansätze, die wir mittragen können. Familienfreundliches Kriftel, die finanzielle Unterstützung der Vereine, sowie eine insgesamt sparsame Personal- und Sachkostenpolitik. Wie schon in den vergangenen Jahren vermissen wir jedoch ein echtes Engagement der Gemeinde bei der Ortsentwicklung und  in der Frage der Schaffung von günstigem Wohnraum.

Wir lehnen daher den Haushalt ab.